Reisebilder von Toni (Antonie) Schulz,  1857 Berlin - 1918 Arolsen

 

Feine Malerei des beginnenden 20. Jahrhunderts!

Der Lebensweg der vergessenen Berliner Künstlerin Toni Schulz, wie sie sich nannte, kann fast nur anhand ihrer zahlreichen Reiseaquarelle und Gouachen nachvollzogen werden. Eine Auswahl dieser Bilder von schnell gearbeitetem Aquarell bis zu feiner Ölskizze wurde uns vorgelegt und wir haben uns spontan entschieden sie in unserem Büroladen zu präsentieren.

 

Mit 23 Jahren schloss Toni Schulz ihre Ausbildung zur Zeichenlehrerin an der Berliner Kunstschule „vorzüglich“ ab, was bis 1919 neben einer Tätigkeit im Kunstgewerbe für Frauen die einzige Möglichkeit darstellte, künstlerisch zu arbeiten.

Die ausgestellten feinen Aquarelle und Gouachen zeigen ihr großes Können und belegen zugleich eine ganz außergewöhnliche Reisetätigkeit, die Toni Schulz bis nach Indien, Ceylon und Hawaii führte. Begleitet wurde sie oftmals von ihrer Freundin, Gesellschafterin und Haushälterin der Königsberger Kaufmannstochter Anna Jahr, mit der sie auch ihre letzten Lebensjahre in Arolsen verbrachte. (Vgl. Kümmel, Birgit, Die Malerin Toni Schulz, Reisebilder, Aquarelle und Gouachen, in: Hessische Heimat, Heft 1, 2016, S. 3-7.                                                                                                 Schauen Sie auch unter Angebote!

Immer wieder spannend!

Deutscher Maler, um 1825. Musizierende Gesellschaft vor der Milvischen Brücke. Öl/Lw., dubliert. Monogrammiert u. dat. u. mittig auf Stuhlrückenlehne: "CW" (?) 1825 (?). 79 x 99 cm. Gerahmt. Restauriert. 

Ein faszinierendes Gemälde, das lt. eines Restauratorenberichts von 1983, den Bildhauer Ludwig von Schwanthaler (1802 - München - 1848, möglw. die Rückenfigur) im Freundes- und Familienkreis zeigt. Ob diese Information tatsächlich richtig ist, bleibt fraglich. Ziemlich sicher erscheint uns dagegen, dass es sich um einen Künstlerkreis handelt, der den sog. "Deutschrömern" zugehörig ist. Das waren Dichter, Maler, Bildhauer und Architekten des Klassizismus und der Romantik, die nach Rom zogen, um antike Vorbilder zu studieren. Es entstand eine regelrechte Künstlerkolonie. Im Hintergrund der Musiker ist der Blick auf die sog. "Ponte Molle" freigegeben. Sie überspannte den an dieser Stelle 124m breiten Tiber. Interessanterweise wurden an diesem Ort die Neuankömmlinge der Künstlerschaft empfangen. Möglicherweise zeigt die Szene ein solches Willkommensfest. 1813/14 wird die sog. "Ponte-Molle-Gesellschaft" gegründet; spaßeshalber werden die Gepflogenheiten eines Ritterordens angenommen. Entsprechend tragen die Herren auf dem Gemälde das Symbol des schwarzen Tatzenkreuzes. Aus dieser Künstlervereinigung ging später, 1845, der Deutsche Künstlerverein in Rom hervor.

Wir haben uns sehr gefreut dieses besonders schöne Altmeister-Gemälde begutachten zu dürfen!

Die biblische Geschichte der „Susanna im Bade“ aus dem Buch Daniel ist ein in der bildenden Kunst beliebtes Thema. Die junge Susanna, die von den beiden Alten bedrängt und später, weil sie sich Ihnen nicht hingegeben hat, verleugnet wird, ist in zahlreichen Versionen bekannt. Meist ist es das Überraschungsmoment und die Abwehr der jungen Frau, die die Künstler, neben der legitimen Möglichkeit einer Aktdarstellung, gereizt hat. Das vorliegende Gemälde, das die intime Szene dicht an den Betrachter heranrückt, zeigt eine geradezu entrückt schauende Susanna, die sich nur leicht von den Peinigern abwendet, während ihr lockiges Haar und das leichte Tuch kaum ihre Blöße verdecken kann. Indem sie nicht weiter auf die beiden Alten reagiert, sich vielmehr himmelwärts wendet, verdeutlicht der Künstler ihre tugendhafte Standhaftigkeit. Interessanterweise greift das Werk eine Komposition des bekannten niederländischen Kupferstechers und Malers Hendrik Goltzius (1558-1616/17) auf. Das Gemälde gilt als verschollen, doch ist es durch einen Kupferstich seines Schülers Jan Saenredam (1565-1607) überliefert. Der Stich ist 1598 datiert und befindet sich in der Slg. Rijksmuseum, Amsterdam. Entsprechend Goltzius‘ Malstil, der einem italienisch inspirierten Manierismus zuzuordnen ist, wie er beispielsweise zu jener Zeit auch am Prager Hof unter Rudolph II. mit Künstlern wie Hans von Aachen (1552-1615) populair war, spricht auch aus dieser Susanna-Darstellung die Handschrift eines Künstlers dieser Epoche und Umkreises. Er steigert die Dramatik der Szene gegenüber Saenredams Stich, indem er einen der sog. Alten den Arm Susannas ergreifen lässt. Hendrick Goltzius portraitierte in dieser Figur seinen Gönner und damals bekannten Schriftsteller Johannes Nemius, alias Jan Govertsz (1520-1590). Das delikat gemalte Gemälde mit seinen narrativen Details, zeigt eine eigenständige und geistreiche Bildauffassung.

Eine außerordentlich gute Zeichnerin!

Frieda Witt (1875 Hamburg - 1963 Bremen)

 

Bei einem Hausbesuch zur Begutachtung verschiedener Gemälde, wurden uns auch einige Zeichnungen einer Künstlers/in "F. Witt" vorgelegt. Familiär überliefert war, dass die Arbeiten im nahegelegenen Künstlerdorf Worpswede erworben worden seien.

Wir waren sofort von der hohen Qualität der Zeichnungen fasziniert und begannen zu recherchieren, um welche Künstlerin es sich wohl handeln könnte und erhielten in dem Katalog "Mythos und Moderne - 125 Jahre Künstlerkolonie Worpswede" einen ersten Anhaltspunkt: die nebenstehende Abbildung im Katalog zeigt Frieda Witt, den Zeichenstift erhoben und ganz auf ihre Arbeit konzentriert. Das Porträt stammt von Ottilie Reyländer und ist in Paris 1901 entstanden - wohl in einer der damaligen privaten Malschulen für Frauen, da ihnen der Zugang zu den Akademien versagt war. Auch Paula Modersohn-Becker, die zwischen 1900 und 1907 Paris mehrmals besuchte, studierte u. a. an der Akademie Colarossi, an der möglicherweise auch die jungen Künstlerinnen Ottilie Reyländer (1882 - 1965) und Frieda Witt Unterricht nahmen.

Die oben abgebildeten Zeichnungen wird Frieda Witt (1875 Hamburg - 1963 Bremen) tatsächlich in Worpswede angefertigt haben. Das verrät uns das Portrait des älteren Bauern, den auch die Künstlerin Marie Bock (1864 - 1957) etwa zur selben Zeit in Worpswede zeichnerisch festgehalten hat. Das junge Mädchen im Profil vom September 1898 zeigt Witts besonderes Talent den Ausdruck eines Menschen wiederzugeben. 

Frieda Witt hat später in Bremen ein "Privatinstitut zur Ausbildung von Zeichenlehrerinnen" gegründet, das von 1906 - 1920 bestanden hat. In der Staats- und Universitätsbibliothek Bemen gibt es eine Postkarte, die Frieda Witt, umringt von ihren Malschülerinnen zeigt. Rückseitig sind die Namen aufgeführt - u.a. gehörte auch die Bremer Malerin Elisabeth Noltenius (1988 - 1964 Bremen) zu ihren Schülerinnen. Unterstützt wurde sie in ihrem Vorhaben von Prof. Högg, dem Direktor des Bremischen Gewerbemuseums. Nachdem sie in Hamburg eine staatliche Prüfung abgelegt hatte, durfte sie an Mittleren- und Höheren Schulen unterrichten und war im Bremischen Schuldienst zunächst als Lehrerin und ab 1926 als Oberlehrerin tätig. Am 20.11.1963 starb sie mit 88 Jahren und wurde am 29.11.1963 auf dem Osterholzer Friedhof beigesetzt.(Vgl. www.bremerfrauengeschichte.de; Staats- u Universitätsbiblothek Bremen; DIE MAUS Staatsarchiv Bremen) 

Eine vergessene Künstlerin mit großen Fähigkeiten - eine weitere Entdeckung!

Bildnis einer Edelfrau mit Hündchen. Öl/ Lw. Deutsch, 17. Jhrd. Ca. 90 x 60 cm. Gerahmt. (Detail)

Im Habitus des Repräsentationsbildes ist die Dame vor einem Ausblick auf eine Parklandschaft mit Schloss in der Ferne dargestellt. Die Malerei ist fein nuanciert und gibt anhand zahlreicher Details näher Auskunft über die Dargestellte. Ein schwer zu entziffernder Spruch am  rechten Fensterrahmen weist sie als eine gottesfürchtige Frau aus. Hierfür spricht auch das kleine Hündchen, das sehr lebendig wiedergegeben ist. Traditionell ein Symbol für die Treue - in diesem Fall in Gott - und der Standhaftigkeit. Diese tugendhafte Haltung und ihre Liebe zu Gott wird zudem durch das kleine feinmalerische Rosenbouquet unterstrichen. Dass es sich um eine Dame von höherem Stand handelt, zeigt ihr Schmuck, die Frisur mit Goldfäden gehalten und ihre Kleidung, mit kostbarer Brüsseler Spitze besetzt. Der Ausblick auf den Schlossgarten rundet dieses elegante Repräsentationsbildnis ab. Die Dargestellte, als reich und tugendhaft charakterisiert, wählt den direkten Blickkontakt zum Betrachter, das wiederum zeigt ihr aristokratisches Selbstwertgefühl. Portraits kamen im 16./17. Jhrd. verschiedene Funktionen zu. In diesem Fall könnte es sich um ein Geschenk zur Brautwerbung oder Verlobung handeln.

Deutscher Expressionismus - vom Feinsten: Max Pechstein (1881 Zwickau - 1955 Berlin)

Es gibt sie, die Grafik-Sammler des deutschen Expressionismus - vorausgesetzt es handelt sich um Arbeiten erster Güte! So ist es uns wieder einmal durch die Auswahl des passenden Auktionshauses gelungen, diese außerordentliche Arbeit des Brücke-Künstlers Pechstein, "Das Vater Unser" von 1921 gewinnbringend zu vermitteln. Diese Mappe mit 12 Holzschnitten inkl. Titelblatt wurde auf SASKIA Papier (Wasserzeichen) gedruckt. Jedes Blatt ist handsigniert und bez. „gedr. F. Voigt“. Blattgr. 59,5 x 41cm. Hrsg. Propyläen Verlag, Berlin. Die vollständige Ausgabe befindet sich in der originalen Halbleinenmappe mit aufgeklebtem Holzschnitt (62,5 x 43,5 x 1cm).

Angesetzt mit einem Limit von 5000 Euro konnten auf der Auktion am 10.06.2020 mehr als das Doppelte, nämlich ein Zuschlag von 12.000 Euro erzielt werden. Unsere Expertise hat sich wieder einmal gelohnt!

Warum in die Ferne schweifen ? ...

...weil sich ein sorgsam ausgewähltes Auktionshaus, auch wenn es - wie in diesem Fall ca. 800 km entfernt liegt - durchaus bezahlt machen kann. Für diesen exquisiten Trompetenbehang, der durch seine feine Stickerei mit Silberfäden auch pazifistische Herzen beeindruckt, suchten wir ein Spezialauktionshaus in Süddeutschland aus. Die Zusammenarbeit war kollegial und sehr kompetent, so dass wir uns für eine dortige Versteigerung entschieden. Die Recherche ergab, dass es sich um eine Standarte um 1900 zum 175 jährigen Jubiläum des St. Petersburger Regiments handelt. Das Zentrum bildet  der schwarze russische Doppeladler unter der Zarenkrone, in den Ecken sind sowohl die gekrönten Monogramme der Zarin Anna Ivanovna als auch der Zarin Katharina I. dargestellt. Maße 51 x 45 cm. Das seltene Stück wurde mit einem moderaten Limit von 3.500 Euro angeboten und erzielte am 28.5.2020 einen Zuschlag von 10.000 Euro !

 

                                            "Nach der Auktion ist vor der Auktion - von Privat an Privat!"

Erfolg ist, wenn man zufrieden ist und das ist die Lilienthaler Kunststiftung nach der 2. Kunstauktion am 30.11.2019. Im gut sortierten Katalog, der sich wie das "Who is Who" der Worpsweder und Fischerhuder Künstler liest und außerdem auch ein breit aufgestelltes Kunstangebot aus ganz Norddeutschland präsentiert, konnte jeder Kunstfreund sein Favoriten finden. Neben Gemälden und Grafik bekannter Künstler des 19. u. 20. Jhs., wurden auch Skulpturen, z.B. von Waldemar Otto und Bernd Altenstein, aber auch Worpsweder Keramik von Otto Meier oder Heide Weichberger offeriert. Herausragend bei den Gemälden waren Werke wie z. B.  "Stürmischer Januartag in Münster" von Otto Modersohn (um1887) oder ein großes Gemälde des Bremer Impressionisten Dietz Edzard (1892 Bremen - 1963 Paris), der lange Zeit in Paris gearbeitet hat. Sein Werk zeigt den Bremer Domshof, gemalt 1945, mit Blick auf die Börse (heute steht dort das Parlamentsgebäude). Auf dem Domshof herrscht Markttreiben und der Platz wird von wenigen Autos und Straßenbahnen umkreist. Im Vordergrund ist der Blick frei auf den Bunker unterm Domshof - ein malerisch und kulturhistorisch sehr interessantes Werk, das Einzug in eine private Sammlung gefunden hat. Ebenfalls gutiert wurde eine der seltenen Radierungen von Paula Modersohn-Becker "Sitzende Alte", um 1900, die eine große Intensität in der Darstellung der alten Bäuerin ausstrahlt - auch sie fand in einer privaten Sammlung Platz. Das zeichnet die Lilienthaler Kunstauktionen aus: "Von Privat an Privat!" Fachlich professionell betreut werden diese Auktionen von WERT SCHAETZEN, doch ohne den Einsatz der vielen ehrenamtlichen Helfer der Lilienthaler Kunststiftung wäre ein Gelingen schwerlich möglich. Der Provisions-Erlös geht an die Lilienthaler Kunststiftung, die damit kulturelle Prokjekte fördert.

                        

"Wann ist die nächste Auktion?"

Kaum war die Premiere der Kunstauktion am 08.12.2018 in der Lilienthaler Kunststiftung erfolgreich abgewickelt, wurde von etlichen Interessenten schon nach dem Folgetermin gefragt! Am 30.11.2019 ist es wieder soweit. Seit Mai 2019, immer montags von 11:00 bis 15:00 Uhr, sind wir für Sie vor Ort in Lilienthal, Trupe 6. Wir freuen uns auf Ihre Einlieferungen von Gemälden, Grafik und Skulpturen bekannter norddeutscher Künstler, vorzugsweise aus dem Bereich Worpswede, Fischerhude und Lilienthal, aber auch aus dem gesamten norddeutschen Raum.

2019: Eine kunsthistorische Wiederentdeckung!

Ludwig von Hofmann. 1861 Darmstadt – 1945 Pillnitz b. Dresden.

„Die Zauberinsel“. Öl/Lw. Wohl 1927. Monogrammiert u. li. HvL. Ca. 88 x 92 cm. Gerahmt.

Das Gemälde ist in einem guten, farbfrischen Zustand ohne nennenswerte Retuschen.

Die Bildsprache ist dem Symbolismus und Jugendstil verpflichtet und das Motiv gehört zum Themenkreis einer Arkadienvorstellung, die Ludwig von Hofmann malerisch immer wieder aufgreift. Die besondere Qualität des vorliegenden Gemäldes beruht auf der ansprechenden Lichtstimmung mittels sommerlich-heller Farbpalette und auf der Fülle an sorgfältig gestalteten Details, die die idyllische „Zauberinsel“ charakterisieren.

Dr. Findeisen, damaliger Tierarzt auf Schloss Pillnitz, bekam das beeindruckende Gemälde von Ludwig von Hofmann geschenkt und es ist seitdem im Familienbesitz bewahrt worden. "Die Zauberinsel" wird in jeder Sammlung des beginnenden 20. Jhrds. einen Höhepunkt darstellen und bietet zugleich neue Aspekte in der kunsthistorischen Betrachtung des Oeuvres.

Vorhang auf: für die 1. Auktion der Lilienthaler Kunststiftung!

 

Engagiert von Hans Adolf Cordes, dem Gründer und Vorsitzenden der Lilienthaler Kunststiftung, konzipierten wir für die Sammlung eine erste Kunstauktion. Gemeinsam mit einem engagiertem Team aus ehrenamtlichen Mitarbeitern konnte die Arbeit "gestemmt" und zu einer sehr erfolgreichen, vorweihnachtlichen Auktion geführt werden. Der Schwerpunkt des Angebotes spiegelte auch den Schwerpunkt der Kunstsammlung wieder, nämlich die Norddeutsche Kunst, insbesondere der Region Hamme, Wümme und Weser. Der Lilienthaler Standort verbindet in idealer Weise die Worpsweder, Fischerhuder und Bremer Malerei. Entsprechend groß war der Zuspruch der ansässigen Sammler und Kunstinteressierten. Bislang auf dem Kunstmarkt unbekannte Gemälde, etwa von Toni Elster, Albert Schiestl-Arding, Else Wiegand, oder auch dem Autodidakten Paul Buchholz konnten erfolgreich versteigert werden. Bernhard Huys, als lokaler Maler mit umfangreichem Oeuvre, fand ebenfalls zahlreiche Käufer und erfreuliche Limitsteigerungen. Herausragend war sicherlich das zarte Mädchenportrait von Paula Modersohn-Becker, ein Blatt aus ihrer frühen Schaffenszeit, das mit 6500 Euro einen Liebhaber fand. 

 

Die Auktion wurde auch medial sehr gut aufgenommen. Neben zahlreichen Zeitungsartikeln, wurde ein Interview bei Radio Bremen 2 ausgestrahlt und ein kurzer Film beim Regionalfersehen "Buten und Binnen" gezeigt: https://www.butenunbinnen.de/videos/kunst-oder-krempel-100.html.

Sommer 2018:

Fachwissen und Unabhängigkeit machten sich bezahlt !

 

Pierre August Renoir (1841 Limoges - 1919 Cagnes-sur-Mer, Côte d'Azur):

 „Le Chapeau Épinglé“. Farbige Kreidelithografie auf Bütten. Im Stein u. re. signiert „Renoir“. Blattmaß 63 x 53 cm, Passepartoutausschnitt 59 x 47,5 cm. WV Delteil 30, 2° Planche, 1898. Eines von 200 Exemplaren. 

Sehr gerne prüften wir dieses außergewöhnlich schöne Blatt des französischen Impressionisten und ermittelten den aktuellen Marktwert und die infrage kommenden Verkaufsmöglichkeiten. Nachdem unsere Anfragen an etablierte Auktionshäuser innerhalb Deutschlands wenig vielversprechende Ergebnisse erbrachten, es wurde etwa lapidar auf das leicht eingekürzte Blattformat verwiesen, was bekanntermaßen leider durchaus üblich ist, entschieden wir uns für das international tätige Auktionshaus Sothebys. Diese Kooperation war umso erfreulicher, da eine Expertin aus London den Weg zu uns nicht scheute und ebenso von der Qualität der Lithografie überzeugt war wie wir. Die Grafik wurde sofort für die September Auktion 2018 in der Bond Street angenommen. 

                                                                                    Dort konnte das Blatt für 22.500 GBP/ 25.755 € (incl. Aufgeld) erfolgreich zugeschlagen werden!

Sommer 2017 - Wiederentdeckt: Otto Lange (1878 Sömmerda - 1957 Nordhausen)

 

Maler und Modell

Sein Auftrag lautete: "Bitte alles entsorgen und besenrein übergeben". Der Aufmerksamkeit des Gebäudereinigers ist es zu verdanken, dass ein großer Teilnachlass des ostdeutschen Künstlers Otto Lange nicht in einem Container landete.  Für eine fachliche Einschätzung und Vermittlung der Gemälde und Zeichnungen des Künstlers herangezogen, konnten wir sogleich ausschließen, dass es sich um den Dresdner Avantgarde-Künstler Otto Lange (1879 - Dresden -1944) handelte. Ein weiterer Künstler gleichen Namens lebte in Delmenhorst, nicht weit entfernt vom Fundort. Doch auch mit diesem stimmte der Malstil nicht überein. Falsche künstlerische Zuordnungen sowohl bei Lottissimo als auch in Art Price stifteten Verwirrung, aber führten uns schließlich anhand des Motivkreises auf die richtige Spur. Die Ansichten von Nordhausen und der Harzregion ermöglichten eine Verortung des Künstlers in Ostdeutschland und wir konnten ihn als einen, in der dortigen Region bis Mitte der 50er Jahre anerkannten Künstler und Kunstlehrer der Stadt Nordhausen nachweisen. Dr. Theilemann, Leiter des Nordhauser Stadtarchivs, bestätigte unsere Zuschreibung. Schließlich kam ein Kontakt mit der Urenkelin des Künstlers zustande, die sich über die wiederentdeckten Bilder sehr freute und uns bis heute mit Interesse verbunden ist. Wir bedanken uns an dieser Stelle nochmals sehr für Ihr freundliches Entgegenkommen!

Langes Themenkreis umfasst Ansichten von Reisen in die Alpenregion, wo auch viele Portraits von Einheimischen entstanden, wie z.B. das Bildnis einer jungen Frau in Tuxer Sonntagstracht (s.o.), das er ausdrucksstark mit lockerem Pinselstrich einfängt. Landschaften der Harzregion, des Ostens um Nordhausen und der Ostsee. An der Küste entstanden in den 1930er Jahren eine Vielzahl exzellenter Bleistiftzeichnungen, die, immer konzentriert auf das Motiv, mit Detailgenauigkeit ebenso wie mit Aussparungen spielerisch umgehen. 

 

Otto Langes malerisches Werk weist Höhen und Tiefen auf - manchmal so sehr, dass wir uns fragten: ist das derselbe Maler? Bedeutend ist dagegen sein zeichnerisches Talent. Eine Fülle von Bleistiftzeichnungen verdeutlicht dies auf eindrucksvolle Weise. Es wird kaum ein Tag vergangen sein, an dem Otto Lange nicht seinen Stift zückte und gekonnt, immer der Realität verbunden, ein Motiv auf das Blatt gebannt hat. Hervorragend ist sein Können als Portraitist.

Erfreulicherweise fanden sich für die Gemälde und Zeichnungen zahlreiche Käufer. Sogar ein Texaner auf Dienstreise blieb vor unserem Schaufenster stehen und war so begeistert, dass er gleich mehrere kleinformatige Gemälde kaufte, u.a. das sensible Kinderportrait von Erich Lange, dem Sohn des Malers, der als junger Mann im 2. Weltkrieg fiel. (s.o.)

Besonders freuen wir uns über die erfolgreiche Vermittlung eines Konvoluts von Ostsee-Zeichnungen an das Heimatmuseum in Hiddensee! 

"Zwei Leipziger Hugenotten sind zurückgekehrt"

So titelte die Leipziger Internet Zeitung im September 2017. Es handelt sich um die zwei besonders qualitätvollen Portrait-Gemälde des bekannten Erfurter Künstlers Jacob Samuel Beck (1715 in Erfurt; † 1778 ebenda), die in diesem Herbst durch unsere Vermittlung ihren Platz im Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig gefunden haben.

250 Jahre - 1767 wurden sie gemalt - konnten ihrem weltoffenen und klaren Blick nichts anhaben! Diese Unmittelbarkeit, die man bei der Betrachtung spürt und von einer fein akzentuierten Ausführung herrührt, gelingt nur den großen Meistern, zu denen auch der lange Zeit vergessene, spätbarocke Maler Beck zählt. Dies und die Geschichte der Familie mit französischen Wurzeln, überzeugten uns sofort, die gewünschte Vermittlung an ein Museum zu übernehmen.

Wohl behütet überdauerten die beiden Gemälde die Stürme der Geschichte und landeten mit den Nachkommen schließlich in Norddeutschland. Als Glaubensflüchtlinge aus Frankreich ließen sich die Dumonts im 18. Jhrd. in Leipzig nieder und Amy Dumont hatte dort mehrmals das Amt eines Kirchenältesten der evangelisch-reformierten Gemeinde inne. Als Bankier und Großhändler für Eisenblech konnte er seiner Familie ein gutsituiertes Leben ermöglichen. Die festliche Kleidung des Paares, ihre elegante Haltung und die jeweilige Andeutung eines Lächelns unterstreichen ihr Selbstverständnis. Ihrem gesellschaftlichen Stand und ihrer religiöse Haltung entsprechend, ist in diesen Gemälden, im Unterschied zu Samuel Becks zahlreichen Adelportraits, auf überflüssigen Prunk verzichtet worden.

 

Jacob Samuel Beck (1715 - Erfurt - 1778)

Halbportrait Amy Dumont (1724-1779). Öl/Lwd. Rücks. signiert, betitelt und datiert: "Amy Dumont Aetat: Suae 42 J.S. Beck pinx. 1767".  84,5 x 66,5 cm. Gerahmt. Deutl. feines Alterscraquelée. Minim. retusch.

 

Jacob Samuel Beck (1715 - Erfurt - 1778)

Halbportrait Catharina Margaretha Dumont. Öl/Lwd. Rücks. signiert, betitelt und datiert: "Catharina Margaretha Dumont gb. Kob Aetat: Suae 47 J. S. Beck pinx. 1767". 84,5 x 66,5 cm. Gerahmt. Deutl. feines Alterscraquelée. Minim. retusch.

 

 

Verborgen in 7 großen Kisten.

 

Gut verpackt und gehütet, eingewickelt in Unmengen von Zeitungspapier, hat ein kostbares Essgeschirr die vergangenen Jahrzehnte auf einem Bremer Dachboden überdauert. Es handelte sich um das sog. "Peitschenhieb" - Service des belgischen Jugendstilkünstlers Henry van de Velde (1863 - 1957).

Anhand von Fotos wurde uns im Winter 2015 das Geschirr präsentiert, mit der Bitte um eine Werteinschätzung und Vermittlung. Fasziniert von der Qualität und Schönheit des Entwurfs und der außergewöhnlichen Vollzähligkeit der Teile, übernahmen wir diese Aufgabe gerne.

Äußerst seltene Stücke, wie zwei Saucieren, eine Deckelschüssel, vier große ovale Vorlegeplatten sowie eine eckige und eine ovale Anbietschale vervollständigten des große Speiseservice, das Van de Velde 1903/04 für Meissen entworfen hatte. Das futuristisch anmutende Dekor in Kobaltblau erfreut sich heutzutage gegenüber Modellen, die Rot und Gold staffiert sind, bei Sammlern großer Beliebtheit. Jedes Stück wurde von uns einzeln in Augenschein genommen und der originale Erhaltungszustand beinah ausnahmslos als sehr gut befunden.

Das war umso erstaunlicher, da das Essgeschirr tatsächlich aus Dresden stammte und dort von der Meissener Manufaktur durch den Großvater unseres Kunden erworben worden war. Glücklicherweise war die Familie so weitsichtig gewesen, es noch vor dem großen Luftangriff der Alliierten im Februar 1945 auszulagern. So konnte es unbeschadet an die nächsten Generationen weitergegeben werden, um schließlich auf dem Bremer Dachboden fast in Vergessenheit zu geraten. Nach unserer Wertschätzung entschieden wir uns für das Münchner Auktionshaus Quittenbaum mit Expertise im Jugendstilbereich. Dass dies genau die richtige Entscheidung war, zeigte sich als das Service, aufgeteilt in mehrere Konvolute, in einem Münchner Spezialauktion für die Rekordsumme von 235.000 Euro (incl. Aufgeld) verkauft werden konnte!

"Nein, das ist kein Druck, sondern ein Aquarell !"

Im Sommer 2016 suchte ein älterer Herr unseren Rat bezüglich einiger Möbelstücke, die er geerbt hatte. Er zeigte uns Fotos von Biedermeier- und Stilmöbeln auf denen auch ein gerahmtes Landschafts-Bild zu sehen war. Sofort war unsere Neugier geweckt, doch der Kunde winkte ab und meinte, dass er damit bereits bei einem Auktionshaus gewesen sei und es sich lediglich um einen schwer verkäuflichen Druck handeln würde. Es brauchte einiges Zureden, bis er sich entschloss uns das Bild im Original zu zeigen. Bald darauf kehrte er mit dem großformatigen Bild zu uns zurück. Ein Blick genügte uns und wir konnten ihm sagen, dass es sich um ein sehr qualitätvolles Aquarell handelt und nicht um eine Auflagenarbeit oder gar einen neuzeitlichen Druck. Wir entrahmten das Blatt in der Hoffnung eine Signatur zu finden und Aufschluss über die Entstehungszeit zu erhalten.

Stilistisch wiesen die Malerei und das schwere Büttenpapier in das 18. Jahrhundert. Doch die äußerst begabte Künstlerpersönlichkeit blieb zunächst im Dunkel. Schließlich gab uns das Bild selber den entscheidenden Hinweis: Die Schäferin, aufgefasst als Repoussoir-Figur, streckt ihren linken Arm im Zeigegestus zum unteren Bildrand aus und hier fanden wir endlich Reste einer sehr feinen Bleistiftsignatur! Wir entzifferten den schwunvollen Namenszug Dietrich sowie weitere schwer leserliche Bezeichnungen sowie Reste einer Datierung. Entsprechend konnten wir das Blatt dem schon zu Lebzeiten berühmten und angesehenen Christian Wilhelm Dietrich, später auch Dietricy genannt, zuschreiben.

Südliche Ideallandschaft

Christian Wilhelm Dietrich ( (Weimar 1712 - Dresden1774, zugeschr. Mittig u. bez. Dietrich. Aquarell/Bütten. 51 x 68,5 cm. Gerahmt.

Als Sohn des Hofmalers Johann Georg Dietrich, begann seine künstlerische Laufbahn bereits mit 12 Jahren bei A. Thiele in Dresden. Er stand früh unter der Protektion von August des Starken und dessen Ministers Brühl. 1741 wurde er dortiger Hofmaler. 1764 Ernennung zum Professor und Leiter der Kunstschule der Meißener Porzellanmanufaktur. International anerkannt, sind seine Werke in zahlreichen Museen vertreten.

 

Zur Freude unseres Kunden, konnten wir das außergewöhnliche Blatt an das Auktionshaus Stahl, Hamburg, vermitteln und es wurde dort für 2400 Euro zugeschlagen.

Unsere Öffnungszeiten:

Dienstags/ mittwochs 11:00 - 15.00

Donnerstags/ freitags 14.00 - 18.00

 

Telefonnummer: 0421 95899461

Der junge Protagonist des Gemäldes, das wir unlängst untersuchten und dem Künstlerkreis der sog. Deutsch-Römer zuschrieben (s. Bemerkenswert), war sicherlich nicht ganz unschuldig an dem außerordentlich erfolgreichen Zuschlag, den das Gemälde am 3.12.2021in einem Norddeutschen Auktionshaus mit 18.000 Euro erzielen konnte.

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